Zusammenarbeit mit europäischen Institutionen und Verbänden
Im Zentrum der Zusammenarbeit mit europäischen Institutionen und Interessensverbänden steht die Einflussnahme auf den europäischen Gesetzgebungsprozess. Hintergrund ist die ausgeprägte Dominanz europäischer Regelungen. So werden ca. 80 Prozent des deutschen Umweltrechts in Brüssel bestimmt, im Lebensmittelbereich liegt der Anteil bereits bei 100 Prozent, und für den rechtlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz zeichnet sich schon jetzt eine vergleichbare Entwicklung ab. Für das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat diese Situation gleich in zweierlei Hinsicht Konsequenzen:
- Zum Einen gilt es, wichtige Anliegen bayerischer Umwelt-, Verbraucherschutzpolitik in die EU-Gesetzgebungsprozesse einzubringen,
- zum Anderen ist darauf zu achten, dass Über- und Fehlregulierungen z.B. in Form von einer mangelhaften Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips, Inkohärenzen im EU-Umweltrecht, übermäßigen Berichtspflichten oder zu hohen bzw. unangemessenen Standards vermieden werden.
Bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzbelange im EU-Gesetzgebungsprozess
Bayerische Interessen können auf folgenden Wegen eingebracht werden:
- Bundesrat:
1992 wurde der sogenannte "Europa-Artikel“ in Art. 23 des Grundgesetzes aufgenommen. Durch diesen wurden die Mitwirkungsrechte der Länder in Angelegenheiten der EU wesentlich gestärkt. Die Durchführung des Artikels wird im Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) und in der Bund-Länder-Vereinbarung (BLV) geregelt. Danach hat die Bundesregierung den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle EU-Vorhaben zu unterrichten, die für die Länder von Interesse sein könnten und ihm vor Festlegung ihrer Verhandlungsposition Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. - Fachministerkonferenzen:
Die Fachministerkonferenzen der Länder behandeln regelmäßig europapolitische Themen. Für das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sind v. a. die Umweltministerkonferenz, die Verbraucherschutzministerkonferenz und die Agrarministerkonferenz relevant, zudem die ständige Konferenz der Europaminister der Länder (EMK). Dort koordinieren die Länder ihre europapolitischen Interessen und tauschen Informationen und Erfahrungen aus. - Ausschuss der Regionen (AdR):
Als das europäische Gremium, das die Interessen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in der EU vertritt, ergänzt der AdR die Bemühungen der Länder zur Mitwirkung in Angelegenheiten der EU. Allerdings besitzt der AdR nur das Recht zur Stellungnahme, ein direktes Mitspracherecht im europäischen Gesetzgebungsverfahren hat er nicht. Der Vertrag von Lissabon ermächtigt jedoch den AdR, gegen Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips gegen Rechtsakte vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. - Europäisches Parlament:
Insbesondere die bayerischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden häufig über die bayerischen Interessen bzgl. der zu beratenden Gesetzgebungsakte informiert. - Europäische Kommission:
Auch in direkten Kontakten zur EU-Kommission, sei es durch Gespräche auf Minister- oder Fachebene oder im Rahmen von Veranstaltungen in der Bayerischen Vertretung in Brüssel, informiert Bayern über seine Anliegen.
Zusammenarbeit mit anderen Regionen und Mitgliedstaaten:
Zudem erfolgt eine Zusammenarbeit mit anderen Regionen und Mitgliedstaaten. Zu nennen sind insbesondere:
- auf Ebene der seit 1985 eingerichteten deutschen Ländervertretungen in Brüssel der Arbeitskreis der Umweltreferenten und der Arbeitskreis „Gesundheits- und Verbraucherpolitik“. Ziel dieser Gremien ist einerseits die gegenseitige Information und andererseits die Formulierung von Länderinteressen gegenüber der Kommission möglichst vor Erlass von Rechtsakten. Außerdem bestehen enge Kontakte zu den Kollegen in den Ländervertretungen beim Bund und zu anderen europäischen Institutionen wie zum Beispiel der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen oder der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma.
- IMPEL: die Abkürzung steht für das Netzwerk für die Umsetzung und den Vollzug des europäischen Umweltrechts der obersten Aufsichtsbehörden aller Mitgliedstaaten der EU. Da der Vollzug des Umweltrechts in der alleinigen Kompetenz der Mitgliedstaaten bzw. der Regionen liegt, richtet IMPEL als intergouvernementales Netzwerk ein besonderes Augenmerk auf die Vereinheitlichung und Erleichterung des Vollzugs und tritt gleichzeitig Bestrebungen der Kommission zum Erlass von Vollzugsregelungen entgegen. Bayern stellt bei IMPEL neben Nordrhein-Westfalen die Vernetzung der deutschen Länder untereinander, mit dem Bund und vor allem mit anderen europäischen Regionen sicher.