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Das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen“ war das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte des Freistaats Bayern: Über 1,7 Millionen Wahlberechtigte hatten sich vom 31. Januar bis zum 13. Februar 2019 in ihren Rathäusern dafür eingetragen. Das Votum der Bürgerinnen und Bürger war Ausdruck einer offenkundigen gesellschaftlichen Erwartung, den Artenschwund im Freistaat Bayern zu stoppen und die noch vorhandene Artenvielfalt konsequent zu schützen.
Vor diesem Hintergrund entschieden sich die Bayerische Staatsregierung und die Mehrheit der Abgeordneten im Bayerischen Landtag dafür, nicht nur das Volksbegehren anzunehmen, sondern auch ein zusätzliches Begleitgesetz zu beschließen, das den Artenschutz unter dem Motto "Annehmen – Verbessern – Versöhnen" zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt transformierte. Leitgedanke war dabei die Überzeugung, dass erfolgreicher Artenschutz nicht nur auf wenigen Schultern lasten kann, sondern alle relevanten Akteure in die Pflicht nehmen muss – Naturschützer wie Land- und Forstwirte, die Vertreter der Kommunen und der staatlichen Behörden wie die Vertreter der betroffenen Verbände und Vereine. Der Runde Tisch, der sich im Dienste dieses Ziels unter der Leitung des ehemaligen Landtagspräsidenten Alois Glück konstituierte, stand daher für ein neues, gemeinschaftliches Bekenntnis zur Artenvielfalt.
Die Regelungen des Gesetzes-Duos traten am 1. August 2019 in Kraft. Mit diesem Tag lief unverzüglich die Umsetzung der Maßnahmen an. Von vorneherein war dabei klar, dass es weitergehender Vollzugshinweise und Vorschriften bedürfen würde, um die neuen Regelungen vor allem für die Landwirtschaft praxistauglich zu machen. Die Erstellung und Detailabstimmung dieser zusätzlichen Vorschriften wird mit Hochdruck vorangetrieben. Die Staatsregierung verfolgt hier einen pragmatischen Ansatz aus Fördern und Fordern, der die Intentionen des Volksbegehrens umsetzt, ohne die Landwirtschaft unnötig zu belasten. Ziel ist es, den Artenschwund durch ein kraftvolles Plus in der Förderung, in der Beratung und beim Natur- und Artenschutz insgesamt zu stoppen.
An allen natürlichen und naturnahen Gewässern wurde ein Gewässerrandstreifen mit einer Breite von fünf Metern ausgewiesen. Eine Grünlandnutzung ist weiterhin möglich, nicht jedoch eine garten- und ackerbauliche Nutzung. Zusätzlich verpflichtet sich der Freistaat auf staatlichen Flächen an Gewässern erster und zweiter Ordnung einen zehn Meter breiten Gewässerrandstreifen auszuweisen. Durch das Begleitgesetz wurden die Gewässerrandstreifen neu in die Gebietskulisse des Vertragsnaturschutzes (VNP) aufgenommen.
Die Broschüre - Gewässerrandstreifen in Bayern-Information zur Umsetzung des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" - erläutert die Gesetzesänderungen und stellt die Auswirkungen dar. (siehe "Weiterführende Informationen" am Seitenende)
Der Biotopverbund ist eine zentrale Maßnahme, um dem Artenverlust entgegen zu wirken. Bisher sind weniger als zehn Prozent der Offenlandfläche in Bayern in der Biotopkartierung erfasst. Bis 2030 soll der Biotopverbund auf mindestens 15 Prozent der bayerischen Offenlandfläche erweitert werden (zehn Prozent bis 2023 und 13 Prozent bis 2027). Er wird künftig auch Gewässerrandstreifen sowie blütenreiche Säume und Waldränder umfassen, so dass die Kulturlandschaft wieder ein Netz von Lebensstätten für wildlebende Arten aufweist.
Bis 2023 wird auf zehn Prozent des Staatswaldes ein grünes Netzwerk an Naturwaldflächen, die dauerhaft nicht forstwirtschaftlich genutzt werden, eingerichtet. Ziel ist ein Verbundsystem von Naturwäldern mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität.
Streuobstbestände und arten- und strukturreiches Dauergrünland sind unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 1. März 2020 gesetzlich geschützte Biotope. Unterhaltungsmaßnahmen für die Streuobstbestände sind weiterhin möglich, so wie eine normale Bewirtschaftung insgesamt weiterhin möglich sein wird. Dies gilt beispielsweise für die Mahd der Flächen, den Ersatz einzelner Bäume und auch für die Bekämpfung der Kirschfruchtfliege mit Pestiziden. Zudem wird die Förderung sowohl der Streuobstwiesen als auch des arten- und strukturreichen Dauergrünlands verbessert und damit die naturverträgliche Bewirtschaftung dieser Flächen honoriert.
Über einen Masterplan Moore werden Hochmoore im Staatswald wiederhergestellt und die Renaturierungsaktivitäten der Naturschutzverwaltung zur Wiedervernässung von Mooren verdreifacht. Das schafft neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen der Feuchtgebiete und schützt das Klima. Moore und Anmoore werden vor einer Absenkung des Grundwasserstands geschützt. Im Rahmen der Klimaoffensive und des Klimaschutzprogramms Bayern 2050 stehen dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) im Jahr 2020 über 20 Millionen Euro (unter anderem zur Wiedervernässung von Mooren) zur Verfügung. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unternimmt Aktivitäten für den Moorschutz im Bereich der Landwirtschaft (Moorbauernprogramm) und des Forstes (Moorwaldprogramm), das StMUV kümmert sich um die Renaturierung und besonders naturverträgliche Bewirtschaftung von naturnahen Mooren (Moorwildnisprogramm).
Bei der landwirtschaftlichen Nutzung dürfen Feldgehölze, Hecken, Säume, Baumreihen, Lesesteinhaufen, Natursteinmauern, natürliche Totholzansammlungen, Feldraine und Kleingewässer nicht beeinträchtigt werden. Die Beseitigung oder Beeinträchtigung von Alleen an Verkehrsflächen und Wirtschaftswegen wird verboten.
Um Wiesen und Weiden zu erhalten, ist die Umwandlung von Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen nicht mehr möglich. Auch das Walzen auf Grünland nach dem 15. März wird ab 2020 untersagt. Durch flexible Regelungen im Begleitgesetz werden unzumutbare Härten für Landwirte vermieden (z. B. Verschiebung des Termins bei Schneelage Mitte März nach hinten). Um Hasen und Vögel zu schützen, ist die Mahd von außen nach innen bei Flächen ab einem Hektar künftig nicht mehr zulässig. Weiter wird das Ziel festgelegt, dass ab dem Jahr 2020 auf bayernweit zehn Prozent aller Grünlandflächen die erste Mahd nicht vor dem 15. Juni erfolgen soll. Dies wird über geförderte freiwillige Maßnahmen wie den Vertragsnaturschutz umgesetzt. Damit werden neue artenreiche Wiesen geschaffen und die Landwirte für ihre Arbeit honoriert.
Die landwirtschaftlichen Flächen in Bayern sollen bis 2025 zu mindestens 20 Prozent und bis 2030 zu mindestens 30 Prozent nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden. Für staatliche Flächen gilt dies bereits ab 2020. Um den ökologischen Landbau zu stärken, wurden zusätzliche Ökomodellregionen für mehr heimischen Ökolandbau eingerichtet. In 2020 wurde zudem die Kombination der Förderung von Ökobetrieben mit dem Vertragsnaturschutzprogramm verbessert.
Auf den vom Freistaat Bayern bewirtschafteten Flächen wird der Einsatz von Totalherbiziden verboten. Auch in Naturschutzgebieten, in geschützten Landschaftsbestandteilen und gesetzlich geschützten Biotopen ist die Anwendung von Pestiziden verboten, sofern die Flächen extensiv genutzt werden. Dasselbe gilt ab dem Jahr 2022 für den flächenhaften Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bei der landwirtschaftlichen Nutzung von Dauergrünland; eine Einzelpflanzenbekämpfung soll aber auch nach 2022 zulässig sein.
Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm (VNP), das Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald) und das Landschaftspflegeprogramm werden gesetzlich verankert, inhaltlich ausgeweitet und verstärkt. So sollen zukünftig sechs Prozent der landwirtschaftlichen Fläche über das Vertragsnaturschutzprogramm so bewirtschaftet werden, dass Bienen und viele andere Tier- und Pflanzenarten davon profitieren können. Auch sollen sechs Prozent der Fläche des Privat- und Körperschaftswaldes besonders ökologisch bewirtschaftet und die Waldbesitzer entsprechend honoriert werden.
Die Ausweitung der Naturschutzförderprogramme betriff insbesondere folgende Maßnahmen:
Um ökologisch wertvolle Streuobstbestände zu erhalten wurden die Vertragsnaturschutz-Prämien für Streuobstwiesen um 50 Prozent von bislang 8 Euro pro Baum auf 12 Euro pro Baum erhöht. Zudem wurde ein erhöhter Fördersatz von 90 % für Anlage und Pflege von Streuobstbeständen festgelegt.
Ab 2020 wird im Vertragsnaturschutz die Förderung extensiver Beweidung mit Rindern, Schafen und Pferden von bisher 310 Euro pro Hektar und Jahr auf 420 Euro angehoben. Auch wurde die Förderung der Beweidung mit Ziegen von bisher 500 Euro pro Hektar und Jahr auf 570 Euro erhöht.
Die Förderung der extensiven Grünlandnutzung im Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) wurde mit einer noch extensiveren Variante (Begrenzung auf max. 1,0 Großvieheinheit) ergänzt. Dies kommt der Haltung von Schafen, Ziegen und Mutterkühen zu Gute.
Erhöhte Prämien im Vertragsnaturschutz für die naturverträgliche Bewirtschaftung der Teiche: Die Prämien wurden von bisher zwischen 490 und 530 Euro je Hektar auf 640 bis 690 Euro (je nach Auflagen) angehoben.
Gewässerrandstreifen wurden neu in die Gebietskulisse des Vertragsnaturschutzes aufgenommen, so dass eine naturverträgliche Bewirtschaftung honoriert werden kann. Es wurden zusätzliche Mittel für VNP und KULAP bereitgestellt, um betroffenen Landwirten geeignete Fördermaßnahmen anbieten zu können.
Das waldbauliche Förderprogramm (WALDFÖPR 2020) wurde auch im Hinblick auf die Verbesserung der Biodiversität im Wald überarbeitet, zahlreiche zusätzliche Fördermöglichkeiten wurden geschaffen. Bei der Neuauflage der Richtlinie zum VNP Wald wird die Gebietskulisse erweitert und neue förderfähige Maßnahmen, wie etwa die Förderung von Altholzinseln, sind in Vorbereitung.
Straßenbegleitflächen an Staatsstraßen sollen möglichst als artenreiche Rasen bewirtschaftet und Lärmschutzanlagen begrünt werden. Zudem sollen Gebäude und Freiflächen im Eigentum des Freistaats Bayern begrünt und bepflanzt werden.
Kommunale Biodiversitätsprojekte werden über das Landschaftspflegeprogramm gefördert. Städten, Landkreisen und Gemeinden wird empfohlen, Gebäude und Freiflächen in ihrem Besitz zu begrünen, Straßenbegleitflächen als artenreiche Wiesen zu pflegen und eine klimaneutrale Verwaltung anzustreben.
Um nachtaktiven Tieren wie Fledermäusen, Insekten und Zugvögeln mehr ungestörte Lebensräume zu bieten, werden störende Lichtquellen reduziert. Himmelsstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind deshalb grundsätzlich unzulässig. Die Fassadenbeleuchtung an öffentlichen Gebäuden wird ab 23 Uhr abgeschaltet, soweit das nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder auf Grund von Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist. Im Außenbereich ist die Beleuchtung von Werbeanlagen grundsätzlich untersagt.
Ziel Bayerns ist es, im Sinne einer Vorbildfunktion bis zum Jahr 2030 eine klimaneutrale Verwaltung zu erreichen. Bei der Umgestaltung der Staatsverwaltung sind bereits Fortschritte zu verzeichnen, um sie rasch klimaneutral zu machen. Maßnahmen sind beispielsweise die Inbetriebnahme eigener Photovoltaikanlagen in Ministerien und nachgeordneten Behörden, die Anschaffung von Hackschnitzel- oder Pelletheizungen sowie die vermehrte Beschaffung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und Errichtung von E-Tankstellen.
Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat ein umfangreiches Konzept zur Aufwertung von Straßenbegleitflächen entlang von Bundes- und Staatsstraßen in staatlicher Verwaltung erarbeitet. Es soll sukzessive an den rund 20.000 km Straßen im Zuständigkeitsbereich der bayerischen Staatsbauverwaltung im Rahmen der Wirtschaftlichkeit und vorbehaltlich der Verkehrssicherheit und der Leistungsfähigkeit des Straßenbaulastträgers umgesetzt werden.
Mit Hilfe von Planungszuschüssen unterstützt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr die bayerischen Städte und Gemeinden dabei, innovative Ideen und kreative Lösungen für starke und zukunftsfähige Kommunen zu entwickeln. Zu den Förderschwerpunkten sind neben „Grünen Infrastrukturen“ im Besonderen klimagerechte, energieeffiziente, flächensparende und verkehrsvermeidende Siedlungskonzepte zu nennen.
Landschaftspflegeverbände sollen flächendeckend in Bayern tätig werden. Damit wird in allen bayerischen Regionen eine Kooperation von Landwirten, Naturschützern und Kommunen zur praktischen Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen etabliert. Der Staat will dabei die Aktivtäten der Landschaftspflegeverbände für mehr Biodiversität und Artenschutz noch intensiver unterstützen. Bereits im Jahr 2019 konnten Landschaftspflegeverbände in den Landkreisen Weilheim-Schongau und Deggendorf gegründet werden. Damit existieren bereits 64 Landschaftspflegeverbände in Bayern, die 80 % der Landesfläche abdecken. Die Gründungsaktivitäten werden vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz weiterhin intensiv unterstützt und beraten. Für Maßnahmen wie die Neuanlage von Streuobstwiesen sollen verstärkt Landschaftspflegeverbände einbezogen werden. Auch die Naturparke werden zukünftig für ihre Aufgaben zusätzliche Unterstützung erhalten. So wurden mit der Änderung der Förderrichtlinien die Möglichkeit geschaffen, bayernweit bis zu 60 Naturparkrangerstellen einzurichten. Bis jetzt wurden bereits über 40 Ranger eingestellt.
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz etabliert zusätzliche Biodiversitätsberater an den unteren Naturschutzbehörden. Diese sollen nach Art. 5d BayNatSchG helfen, in Zusammenarbeit mit den Eigentümern, Kommunen, Erholungssuchenden, Verbänden und sonstigen Betroffenen in ökologisch wertvollen Teilen der Natur und Naturlandschaft, wie insb. in Natura 2000- Gebieten und Schutzgebieten die natur- und artenschutzfachlichen Ziele und Maßnahmen umzusetzen. Diese Fachkräfte werden die Beratung in Fragen der Förderung verstärken, Hilfe leisten bei der Umsetzung von ökologischen Maßnahmen und den Aufbau des Biotopverbunds fachlich begleiten. Für die Biodiversitätsberatung an den unteren Naturschutzbehörden und für die Koordination an den Regierungen werden 50 neue Stellen geschaffen. Zusätzlich erhalten die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 50 neue Stellen für Wildlebensraumberater.
Bei der Biotopkartierung gibt es künftig ein deutlich erweitertes Öffentlichkeitskonzept, wie etwa eine Informationsveranstaltung zu Beginn und zum Abschluss der Biotopkartierung und eine Vorstellung des Kartierteams bei dem Bürgermeister vor Beginn der ersten Kartierung im Gemeindegebiet. Zudem soll jeder Eigentümer persönlich informiert werden, wenn Flächen in seinem Eigentum neu als Biotop in das Biotopverzeichnis aufgenommen werden.
Die Ziele und Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere auch mit ihrem Bezug zur Landwirtschaft, werden künftig bei der pädagogischen Aus- und Fortbildung, in den Lehr- und Bildungsplänen und bei den Lehr- und Lernmitteln stärker berücksichtigt.
Im neuen LehrplanPLUS der Grundschule sind Themen der biologischen Vielfalt fest und umfangreich verankert. Auch in dem sich in der Implementierung befindlichen LehrplanPLUS der weiterführenden Schulen hat das Thema Biodiversität insgesamt eine deutliche Aufwertung erfahren. Bei der Konzeption des Lehrplans für die Oberstufe des neunjährigen Gymnasiums wird das Thema „Biodiversität“ ebenfalls Berücksichtigung finden.
Der Rahmenplan für die überbetriebliche landwirtschaftliche Ausbildung wurde überarbeitet und mehr Aspekte der Bereiche Tierwohl und ökologischer Landbau aufgenommen. Sowohl die Schulordnung als auch die Lehrpläne der Landwirtschaftsschulen wurden hinsichtlich Biodiversität, Artenvielfalt und Artenschutz angepasst.