ZEITBEDARF DER ENDLAGERSUCHE IM AUSLAND
Während Deutschland auf der Grundlage des derzeitigen Standortauswahlverfahrens ca. 63 Jahre bis zur Standortfindung für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle benötigen wird (siehe Abschnitt „Zeitbedarf der Endlagersuche“), erfolgt die Suche in anderen Ländern in einem wesentlich kürzeren Zeitraum. So wird die Schweiz voraussichtlich 23 Jahre benötigen. In Finnland waren es vom Beginn der Suche bis zur Standortentscheidung 18 Jahre, in Schweden 16 Jahre und in Frankreich 10 Jahre.
Schweiz
In der Schweiz wird ein Endlager im Tongestein verfolgt. Im Jahr 2022 wurde bereits der Standortvorschlag „Nördlich Lägern“ nahe der deutschen Grenze durch die zuständige Behörde veröffentlicht. Die endgültige Standortentscheidung inklusive eines Volksentscheids soll bis 2031 getroffen werden. Der Beginn der Einlagerung der hochradioaktiven Abfälle ist bis ca. 2060 geplant.
Da sich das deutsche Suchverfahren stark an das Schweizer Verfahren anlehnt, ist eine Vergleichbarkeit am ehesten möglich. Die Suche besteht ähnlich wie in Deutschland aus drei Etappen (in Deutschland drei Phasen).
In der Schweiz wurden zu Beginn der Suche wie in Deutschland ebenfalls mehrere Wirtsgesteine in Betracht gezogen. Die dort für die Suche zuständigen Akteure haben sich bereits am Ende der Etappe 1 auf das Wirtsgestein Ton festgelegt. Gebiete mit dem Wirtsgestein Kristallin wurden ausgeschlossen, da Klüfte und Risse im Wirtsgestein nicht zuverlässig vorhergesagt werden können und so die Hauptbarrierewirkung des Wirtsgesteins nicht mit genügender Sicherheit festgestellt werden kann.
Trotz der Anlehnung des deutschen Verfahrens an das Schweizer Verfahren sind diese unterschiedlich. Anders als in Deutschland wurde in der Schweiz zunächst ein Konzeptteil erarbeitet, der die Vorgehensweise im Verfahren regelt. Die anzuwendenden Verfahrensmethoden werden dagegen in Deutschland erst im Laufe der Endlagersuche erarbeitet. In der Schweiz werden zudem Erkundungsarbeiten in einem Untertagelabor (mit gleichem Wirtsgestein und ähnlichen regionalen geologischen Beschaffenheiten) durchgeführt. Deutschland selbst hat derzeit kein eigenes Untertagelabor. Darüber hinaus wurden in der Schweiz Erkundungsarbeiten etappenübergreifend bzw. teilweise schon vorbereitend für die jeweils nächste Etappe durchgeführt.
Schweiz | Deutschland* | |
---|---|---|
Beginn des Standortauswahlverfahren | 2008 | 2017 |
Etappe 1 / Phase I | 2008-2011 (3 Jahre) | 2017-2034 (17 Jahre) |
Etappe 2 / Phase II | 2011-2018 (7 Jahre) | 2034-2051 (17 Jahre) |
Etappe 3 / Phase III | 2018-2031 (13 Jahre) | 2051-2080 (29 Jahre) |
Standortfestlegung | 2031** | 2080 |
Dauer bis zur Standortfestlegung | 23 Jahre | 63 Jahre |
Ursprünglich geplante Dauer | zw. 2017 & 2019=9-11 Jahre | bis 2031=14 Jahre |
* Zeitabschätzung: Siehe Abschnitt „Zeitbedarf der Endlagersuche".
** inklusive des erwarteten Volksentscheids nach der Entscheidung des Schweizer Bundesrats im Jahr 2029
Tabelle 1: Vergleichende Gegenüberstellung der zeitlichen Bedarfe der Suchverfahren in der Schweiz und in Deutschland
Frankreich
Auch in Frankreich ist das Suchverfahren weit vorangeschritten. So erfolgte in Frankreich im Jahr 2016 nach einer lediglich zehnjährigen Suche seit 2006 die Standortentscheidung für ein Endlager in Tongestein (Bure in Lothringen) in welches ab 2035 die hochradioaktiven Abfälle eingelagert werden sollen. Frankreich hat ebenfalls grundsätzlich ein Lager im Kristallingestein in Betracht gezogen, sich jedoch im Laufe des Verfahrens auf Tongestein fokussiert.
Tschechien
In Tschechien wird seit 2002 ein Endlager durch die zuständige Behörde SÙRAO gesucht. Derzeit sind noch vier Standorte in der Auswahl. Voraussichtlich 2028 soll der finale Standort festgelegt werden. Die vier Standorte befinden sich in Bereichen mit dem Wirtsgestein Kristallin.
Finnland und Schweden
In Finnland und Schweden sind die Endlagerprojekte am weitesten fortgeschrittenen. Beide Länder verfügen bereits über genehmigte Endlager jeweils in der Nähe der KKW-Standorte Olkiluoto (Finnland) und Forsmark (Schweden). In Finnland soll bereits 2024 mit dem Probebetrieb begonnen werden. Die Standortentscheidung wurde in Finnland nach 18 Jahren und Schweden nach 16 Jahren getroffen. Für beide Endlager im kristallinen Wirtsgestein besteht eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung, so dass sich Gemeinden sogar als Endlagerstandort bewarben. Im Unterschied zu Deutschland ist in Finnland und Schweden lediglich Kristallingestein als Wirtsgestein vorhanden.
Fazit
Für die Ermittlung eines Endlagerstandorts werden von den unterschiedlichen Ländern verschiedene Zeitspannen benötigt. Dies ist den divergierenden Verfahrensarten und örtlichen Gegebenheiten geschuldet. In Deutschland ist hierfür allerdings ein ungleich höherer Zeitaufwand veranschlagt als in allen anderen Ländern. Deutschland hat mit dem ausgesprochen langen Standortauswahlverfahren weltweit eine Alleinstellung. Andere Länder entscheiden sich insbesondere frühzeitig für ein einziges Wirtsgestein, auf das sie die weiteren Forschungen und Konzepte fokussieren. In Deutschland werden im Moment drei Wirtsgesteine im Verfahren gehalten und es ist derzeit noch nicht klar, nach welchem Konzept diese untereinander verglichen werden können und ab wann das Verfahren auf ein Wirtsgestein fokussiert wird.
- Überblick
- Die neue Endlagersuche
- Ablauf des Standortauswahlverfahrens
- Schritt 1 der Phase I
- Schritt 2 der Phase I
- Zeitbedarf der Endlagersuche
- Zeitbedarf der Endlagersuche im Ausland
- Weiterführender fachlich fundierter Frage-/Antwortkatalog
Weiterführende Informationen
Im Ausland
Gesetzliche Grundlagen
- Standortauswahlgesetz (StandAG)
- Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV)
- Endlagersicherheitsuntersuchungsverordnung (EndlSiUntV)
Links zu aktuellen Veranstaltungen
- Liste der aktuellen Termine auf der Internetseite des NBG
- NBG-Veranstaltungsreihe „Endlagersuche international“
Weitere Internetseiten
- Informationsplattform des BASE zur Endlagersuche
- Nationales Begleitgremium (NBG)
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
- Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE)
- Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)
- Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe
- Internetforum BGE
- Rat der Jungen Generation bei der Atommüll-Endlager-Suche (RdjG)